Mit dem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg taten sich in vielen Tiroler Orten Pioniere des aufkommenden Skisports zusammen, gründeten Skiclubs, planten erste Abfahrten, errichteten auf den Bergen Skihütten, organisierten nach und nach auch Skirennen und erreichten schließlich sogar den Bau eines Schlepp- oder Sessellifts. So auch am Kössener Unterberg, wo die Skipioniere „Unterbergjaga“ genannt wurden. Am Anfang musste eine geeignete Abfahrt ausgeholzt werden und da damals das Abenteuer nicht nur in der Abfahrt bestand, sondern schon im beschwerlichen Aufstieg mit den geschulterten Ski, gab es danach eine erholsame Einkehr in der Scheibenwaldhütte.

Während der Jahre vor dem Liftbau wurde die Hütte aber nur mühselig erreicht. Insbesondere die Hüttenpächterin Zenzi musste mit ihrem Freund Rudi die schweren Rucksäcke mit den Getränkeflaschen zu Fuß durch den Schnee hinaufschleppen. Und als später der Weg aufgemacht wurde, war das auch für Pferde, die den mit einem Stein beschwerten Holzpflug hinaufziehen mussten, Schwerstarbeit. Ab den frühen 50er-Jahren war es so weit … der SC Kössen konnte sein erstes Skirennen vorbereiten und durchführen. Es war sogar ein Abfahrtslauf mit internationaler Beteiligung, weil sich nicht nur Tiroler Rennläufer angemeldet hatten, sondern auch französische Besatzungssoldaten.

Da es noch kein Telefon und keinen Funk gab, musste zwischen Start und Ziel Blickkontakt bestehen, damit der Starter im Minutentakt dem Zeitnehmer im Ziel den Start eines neuen Läufers mit einer Flagge anzeigen konnte. Die hochrangige Jury im Ziel bestand aus Dr. Muster, dem Arzt Dr. Fabiani mit Gattin sowie dem Fotographen R. Dix, die allesamt mit großen Stoppuhren bewaffnet waren. Darüber hinaus drängten sich am Ziel viele Schaulustige, aber auch Prominente und die Musikkapelle erwartete den Sieger, der bereits mit der Startnummer 1 das Rennen für sich entschied. Es war Oberaigner Josef, auch „Kurzen Pep“ genannt, der sich auch bei nachfolgenden Rennen als Seriensieger herausstellte.

 

Die Siegesfeier wurde natürlich von der Musikkapelle musikalisch umrahmt und in besonders guter Erinnerung habe ich noch, dass es am Stand des Bauernhauses auch Getränke und zu meiner Überraschung ofenfrische Laugenbrezen gab, die allerdings im Nu verkauft waren.

Das Rennen war ein durchschlagender Erfolg und wurde Jahr für Jahr wieder veranstaltet. Allerdings wurde, vermutlich aus Gründen der Sicherheit, vom Abfahrtslauf auf Riesentorlauf umgestellt. Mit der Zeit wurde dann von den alten Wehrmachtsbeständen Telefonleitungen von Baum zu Baum gespannt, sodass sich der historische Skistart erübrigte.

Mit der Zeit mauserte sich der Unterberg zu einem beliebten Skigebiet heraus, das am 1. Mai 1955 mit der Einweihung des Sessellifts feierlich eröffnet wurde. Nachdem der Zufahrtsweg zum großen Parkplatz ausgebaut wurde, fahren dort heute täglich hunderte Autos, wo vor dem Liftbau nur Fuhrwerke auf dem Weg waren.

Zeitzeugenbericht Robert Egger
Foto Familie Oberaigner